Ein Thema, welches in den nächsten Jahren immer dringender sein wird, wird die Altersvorsorge sein. Der Dreh- und Angelpunkt ist das hier bei uns in Deutschland vorherrschende Umlagesystem, gepaart mit der demografischen Entwicklung.
Zum Ausbau der privaten Altersvorsorge hat Dr. Gerald Baumann eine Petition beim Bundestag eingereicht. Zu erreichen ist sie unter diesem Link:
https://epetitionen.bundestag.de/petitionen/_2020/_06/_25/Petition_112985.nc.html
Die Möglichkeit mitzuzeichnen läuft nur noch bis zum 24.09.2020!
Warum das ganze wichtig ist, gerade auch für die mittleren Einkommen, darum geht es hier.
Umlagesystem in Deutschland
Vom Grundsatz her wird im Umlagesystem alles, was heute durch die gesetzliche Rentenversicherung eingenommen wird, sofort wieder an alle Rentner ausgeschüttet. Hier gibt es allerdings noch viele weitere Regelungen, auf die ich jetzt hier nicht weiter eingehen möchte. Aber schon heute reichen die Beiträge nicht mehr aus, um die Ausschüttungen zu finanzieren. Es werden ca. 100 Mrd. EUR jedes Jahr durch den Bund dazu gegeben. Das sind etwa 30% der Ausgaben der gesetzlichen Rente[1].
Zum Vergleich: Der gesamte geplante Bundeshaushalt 2020 betrug vor Corona 362 Mrd. EUR. Das heißt, dass etwas mehr als 25% der gesamten Einnahmen des Bundes für die Rentenversicherung ausgegeben werden[2].
Demografie
Wenn jetzt immer weniger Junge Menschen Geld in die gesetzliche Rentenkasse einzahlen, dann wird der Anteil am Bundeshaushalt, der zur Rentenversicherung hinzugeschossen wird immer weiter steigen. Das ist dann alles Geld, welches für andere Dinge wie Ausbau von Infrastruktur, Förderung von Forschungsprojekten, Integrationsprogramme für Migranten und Geflüchteten, Ausstattung von Polizei oder Bildung nicht mehr zur Verfügung steht.
Das kann man als Gesellschaft so machen und ich finde es bis zu einem gewissen Grad auch O.K., denn die heutigen Rentner haben unseren jetzigen Wohlstand mit erarbeitet. Irgendwann kommt dann aber der Punkt, an dem sich der Staat nicht mehr bewegen kann. Kommt dann noch eine Wirtschaftskrise dazu, wodurch Steuereinnahmen wegbrechen, dann wird es erst recht eng.
Auf der Seite der Deutschen Statistikamtes kann man sich die Vorausberechnung der Bevölkerungsentwicklung anschauen. Ich habe das ganze mal auf Voreinstellung gelassen (moderate Geburtenrate und Lebenserwartung, sowie geringes Wanderungssaldo). Dabei beträgt der Anteil der 67+-Menschen 19% an der Gesamtbevölkerung im Jahr 2020. Im Jahr 2050 sind es dann schon 27%.[3]
Zusätzlich muss der Bund auch die Pensionsansprüche der Beamten tragen. Diese sind nicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und werden bisher vollständig aus Steuermitteln finanziert. Immerhin wurde das erkannt und seit 1999 wird ein Sondervermögen zur Finanzierung der Beamtenpensionen angelegt, welches sich u.a. aus der Besoldung der Beamten speist. Ab 2031 werden aus dem angesparten Vermögen dann die Pensionen gezahlt.[4]
Parameter der gesetzlichen Rentenversicherung
Wird als der Anteil der gesetzlichen Rentenbezieher immer größer und nimmt dadurch der Anteil des Bundeszuschusses zur Rentenversicherung weiter zu, so gibt es im wesentlichen drei Parameter, die die Politik hier hat, um den Bundeshaushalt zu entlasten:
- Beitragshöhe: Durch eine Erhöhung der Beträge steigen die Abgaben, die durch die Erwerbsbevölkerung geleistet werden müssen weiter an. Das heißt aber auch, dass die Menschen und Familien weniger Geld im Alltag zur Verfügung haben.
- Rentenhöhe: Durch eine Verringerung der Rentenhöhe wird weniger Geld an die Rentner ausgeschüttet. Logischerweise haben diese dann weniger Geld für ihren Alltag zur Verfügung.
- Renteneintrittsalter: Durch eine Erhöhung des Renteneintrittsalters ist entweder die Bezugsdauer bis zum Tod geringer (im Vergleich zur Beibehaltung der aktuellen Regelung) oder aber die Abschläge fallen höher aus, wodurch man wieder weniger Geld im Alltag hat.
Alle drei Möglichkeiten sind unpopulär. Die Politik traut sich hier nicht ran und schiebt das immer weiter raus. Auch die letzte Rentenkommission, die durch den Bund eingesetzt wurde konnte sich nicht wirklich auf etwas konkretes einigen. So titelte das Handelsblatt zum Beispiel
Rentenkommission der Großen Koalition einigt sich nur auf grobe Vorschläge
Handelsblatt: https://www.handelsblatt.com/politik/international/abschlussbericht-rentenkommission-der-grossen-koalition-einigt-sich-nur-auf-grobe-vorschlaege/25668110.html (Aufruf: 12.09.2020)
Weiterhin heißt es dort
Bahnbrechende Vorschläge haben die zehn Politiker, Wissenschaftler, Arbeitgeber- und Gewerkschaftsvertreter in der Kommission ohnehin nicht erarbeiten können. Viele Antworten auf rentenpolitische Zukunftsfragen bleiben wolkig, in einige Punkten wurde gar ein Dissens festgehalten.
Handelsblatt: https://www.handelsblatt.com/politik/international/abschlussbericht-rentenkommission-der-grossen-koalition-einigt-sich-nur-auf-grobe-vorschlaege/25668110.html (Aufruf: 12.09.2020)
Weitere Säulen zur Altersvorsorge
Zur gesetzlichen Rentenversicherung gibt es aber auch weitere Säulen, um sich im Alter abzusichern. Einige Möglichkeiten möchte ich hier nur nennen:
- Riester Rente (Klassisch, Fondsgebunden, Banksparplan, …)
- Rüruprente
- Betriebliche Altersvorsorge
- Lebensversicherung
- Private (ungeförderte) Vorsorge
Einige wurden eben aus oben aufgeführten Gründen extra eingeführt (z.B. Riester), um die sinkende Rentenhöhe privat auszugleichen. Der große Wurf war es bis jetzt aber irgendwie nicht (außer für Versicherungen vielleicht).
Riester hat das Problem der Beitragsgarantie. Dadurch lassen sich keine guten Renditen am Kapitalmarkt erwirtschaften, selbst wenn man einen Anbieter hat, der möglichst viel versucht in Aktien anzulegen. Immerhin gibt es hier eine Zulage und ggf. Steuerrückerstattungen.
Rürup kann es auch ohne Beitragsgarantie geben, aber oft ist man an den einen Versicherer gebunden und kann nie wechseln. Auf die Anlagemöglichkeiten hat man oft auch nur bedingt Einfluss. Ohnehin gehören die Anlagen (zum Beispiel Fonds) nicht dem Versicherten, sondern der Versicherung und sind somit Konkursmasse.
Die betriebliche Altersvorsorge macht oft Probleme beim Arbeitgeberwechsel und/oder ist unrentabel.
Eine Lebensversicherung ist je nach Ausgestaltung nicht Pfändungssicher, d.h. auch nicht im Falle von längerer Arbeitslosigkeit geschützt vor Anrechnung. Wird man also mit 55 Arbeitslos, muss die u.U. die Altersvorsorge zunächst aufgebraucht werden bevor man staatliche Hilfe wie Hartz4 bekommt.
Zur privaten (ungeförderten) Vorsorge zähle ich hier u.a. Geldkonten wie Tagesgeld oder Festgeld, Wertpapierdepots oder Bargeld. Hier trifft logischerweise das gleiche zu wie für die Lebensversicherung geschrieben.
Man hat also entweder keine Rendite und/oder keinen Schutz im Falle von Arbeitslosigkeit. Dennoch nutze ich selbst alle Instrumente (bis auf Rürup), denn irgendwie für das Alter vorzusorgen ist besser als gar nicht vorzusorgen meiner Meinung nach.
Weiterentwichlung der privaten (ungeförderte) Vorsorge
Ich denke, dass wir über kurz oder lang eine Kürzung der gesetzlichen Rente sehen werden; sei es durch Anhebung des Renteneintrittsalters oder eine Verringerung der Rentenhöhe (z.B. durch Nullrunden oder Steigerungen unterhalb der Inflation und damit Entwertung über Inflation). Gleichzeitig wird nach meiner Ansicht der Beitrag steigen.
Um nicht im Alter von der Grundsicherung abhängig zu sein, ist es sinnvoll private Vorsorge zu betreiben. Unter anderem sind Aktien eine gut Möglichkeit dabei. Es ist damit möglich Weltweit am Produktivkapital beteiligt zu sein. Und das geht bereits kostengünstig in einem Sparplan auf einen Börsengehandelten ETF ab 25 EUR pro Monat. Das entspricht etwa 6-7 Kaffee to go bei Starbucks.
Christian W. Röhl hat sich die Mühe gemacht und ein Renditedreieck für einen ETF auf den Aktienindex MSCI World veröffentlicht. Mit Stand Januar 2020 hätte man trotz DotCom-Blase Anfang der 2000er und Finanzkrise 2008/2009 in keinem 17-Jahreszeitraum Verlust gemacht. Bedingung ist natürlich, dass man die Kursschwankungen in der Zwischenzeit ausgehalten hat.[5]
Wer weiß aber, was in 20 oder 30 Jahren alles passiert sein wird? Rutscht man in die Langzeitarbeitslosigkeit? Wird der Partner arbeitslos? Gibt es einen Versorgungsfall in der Familie? Das alles kann dazu führen, dass man sein für das Alter zurück gelegtes Geld/Depot aufbrauchen muss. Ist man Mitte 50, dann hat man nicht mehr so viel Zeit seine Altersvorsorge wieder aufzubauen.
Das war der Startpunkt für Dr. Gerald Baumann sich darüber Gedanken zu machen, wie das weiterentwickelt werden könnte. Seine Idee ist dabei eine Art Konto/Depot in das man vor seinem Renteneintritt nur einzahlen kann, aber kein Geld entnehmen darf. Somit ist gesichert, dass das angesparte Vermögen auch für die Rente zur Verfügung steht und nicht vorher ausgegeben wird. Dabei ist es egal, ob man es als Geld auf dem Konto lässt, sich Aktien, Anleihen oder Fonds kauft. Das ist jedem selbst überlassen. Zudem soll es von einem Finanzinstitut auf ein anderes übertragen werden können. Ganz wichtig ist dabei aber der Pfändungsschutz und somit der Schutz vor der Auflösung, wenn man in Hartz4 rutscht.
Mehr Details gibt es:
- in dem Blog zur Petition: https://av-depot.de/
- im Interview mit Luis Pazos: https://nurbaresistwahres.podigee.io/66-geldgesprach-aktienaktivist-dr-gerald-baumann
Und hier nochmal der Link zur Petition:
https://epetitionen.bundestag.de/petitionen/_2020/_06/_25/Petition_112985.nc.html
Verweise
[1] https://www.bmas.de/DE/Themen/Rente/Fakten-zur-Rente/Gesetzliche-Rentenversicherung/indikator-anteil-bundesmittel-an-ausgaben-gesetzlicher-rentenversicherung.html (Aufruf: 12.09.2020)↩
[2] https://www.bundeshaushalt.de/fileadmin/de.bundeshaushalt/content_de/dokumente/2020/soll/Epl_Gesamt_mit_HG_und_Vorspann.pdf (Aufruf: 12.09.2020)↩
[3] https://service.destatis.de/bevoelkerungspyramide/index.html (Aufruf: 12.09.2020)↩
[4] https://www.bmi.bund.de/DE/themen/oeffentlicher-dienst/beamtinnen-und-beamte/versorgung/versorgung-artikel.html (Aufruf: 13.09.2020)↩
[5] https://www.dividendenadel.de/msci-world-renditedreieck/ (Aufruf: 13.09.2020)↩
Danke, dafür!
Habe ich auf AV-Depot.de verlinkt.
Herzliche Grüße
Gerald